Stiftung Wildstation Landshut
01.11.2018

Chur hat weniger Igel als Bern und Zürich

Pro Natura Graubünden hat zusammen mit Freiwilligen im vergangenen Frühling und Sommer die Verbreitung der Igel in der Stadt Chur untersucht. In 13 Kilometerquadraten wurden jeweils 10 Spurentunnel auf Churer Boden und nächster Umgebung aufgestellt. In sieben Kilometerquadraten konnten so Igel anhand ihrer Fussabdrücke nachgewiesen werden.

Der Vergleich mit den Ergebnissen der Städte Zürich und Bern, welche mit derselben Methode 2016 bzw. 2018 untersucht wurden, zeigt, dass Igel in Chur weniger weit verbreitet sind als in den beiden anderen Städten. Diese Ergebnisse überraschen auf den ersten Blick, zumal Bern knapp viermal und Zürich knapp elfmal so viele Einwohner hat wie Chur. Aktuelle Forschungen aus Zürich liefern eine mögliche Erklärung: Igel sind im Siedlungsgebiet weiter verbreitet als auf dem Land. Also gut möglich, dass das etwas ländlichere Chur weniger Igel beheimatet als Bern und Zürich. Eingekesselt von Bergen, Rhein und Autobahn, durchschnitten von Geleisen und der Plessur ist Chur zudem eine Stadt mit vielen Barrieren. Es ist anzunehmen, dass der Austausch zwischen den einzelnen Subpopulationen der Churer Igel erschwert, oder gar verunmöglicht ist.

Fragt man die lokale Bevölkerung nach Igeln, hört man oft einen Satz dieser Art: Früher hatte es in meinem Garten einen Igel, jetzt habe ich ihn aber schon lange nicht mehr gesehen. Bestätigt wird diese Aussage durch Sicht- und Fundmeldungen von 1963 - 2017, welche zeigen, dass Igel in Chur noch in Stadtteilen verbreitet waren, in denen sie in den Untersuchungen 2018 nicht mehr festgestellt werden konnten. Woran könne das liegen?

Neben der Zunahme des Verkehrs und der Verdichtung der Siedlungen nach innen hat sich in den letzten Jahrzehnten auch einiges in der Grünflächenpflege verändert, so auch in den Churer Gärten. Mähroboter schneiden den Rasen, und was sonst noch unters Messer kommt, gnadenlos auf wenige Zentimeter zurück. Falllaub unter Bäumen und Hecken wird getrieben von schweizerischem Ordnungssinn zusammengekehrt und entsorgt. Längst haben Pestizide zum Schutz von Zierpflanzen und Obstbäumen Einzug in den Hausgarten gehalten. So kommt es, dass viele Gärten Igeln weder eine Versteckmöglichkeit, noch ein grosses Angebot an Insekten und Würmern als Nahrungsquelle bieten können. Aber auch viele potenzielle Igelgärten in Chur haben ein Problem: Sie sind für Igel schlicht nicht erreichbar. Der Wunsch nach Privatsphäre bringt Grundeigentümer oftmals dazu, ihre Parzellen zum Nachbarn hin mit Zäunen und Mauern abzugrenzen. Das Problem verstärkt sich im nordöstlichen Teil der Stadt, wo das Gelände am Bergfuss zum Montalin zu steigen beginnt. Bereits Schwellen, die höher als 20 cm sind, lassen sich von Igeln nicht mehr überwinden. 
Gerade in so trockenen Sommer wie 2018 ist der Zugang zu Wasser ein Problem. Offenes Wasser ist in Chur vielerorts schwer zu finden und wenn Wasser vorhanden ist, sind die Ufer oft so steil, dass es für Igel nicht erreichbar ist. 

Wer Igel in seinem Garten fördern will, hat also viele Möglichkeiten: 

  • Barrieren und Hindernisse beseitigen
  • Grünflächenpflege anpassen 
  • «Wilde Ecken» im Garten zulassen
  • Zugang zu Wasser gewährleisten

Winterquartier für Igel & Co.

Wer noch diesen Herbst etwas Gutes für Igel tun möchte, kann einen Winterunterschlupf bauen. Anstatt Laub und Äste einfach abzutransportieren, kann es zu einem Haufen aufgeschüttet werden. In diesem können Igel komfortabel ihren Winterschlaf abhalten. 

Asthaufen für Igel

Asthaufen
beim Schulhaus Giacometti in Chur

Weiterführende Informationen

Kontakt

Josia Orlik, Projektleiter «Igel gesucht», @email, 081 252 40 39